Samstag, 11. Januar 2014

pro iure animalis - IGNORO 2013 geht an Domdekan Dr. Christoph Kohl vom Bistum Speyer

pro iure animalis - IGNORO 2013 geht an Domdekan Dr. Christoph Kohl vom Bistum Speyer
IGNORO 2013 geht an Domdekan Dr. Christoph Kohl vom Bistum Speyer Drucken E-Mail

Der IGNORO 2013, die von pro iure animalis seit 2008 vergebene Auszeichnung für "Verdienste" wider den Tierschutzgedanken, geht für das Jahr 2013 an Domdekan Dr. Christoph Kohl vom Bistum Speyer.
Domdekan Kohl ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass nach einer mehrjährigen Pause im Jahr 2013 wieder eine Hubertusmesse im Dom zu Speyer abgehalten wurde.
Informationen zu dem Protest im Vorfeld dieser Tiermordmesse finden Sie hier!
Lesen Sie hier die Laudatio zur Vergabe des IGNORO 2013:
 
   

Laudatio anlässlich der Preisverleihung

des IGNORO 2013

an Domdekan Dr. Kohl





Sehr geehrter Herr Dr. Kohl,
nun haben Sie es doch geschafft und müssen nicht mehr hinter Bischof Wiesemann zurückstehen. Wir freuen uns, Sie als neuen Preisträger des
IGNORO 2013
in der illustren Reihe von Personen begrüßen zu dürfen, die sich in besonderer Weise hervorgetan haben, den Tierschutzgedanken mit Füßen zu treten. Bischof Wiesemann war der Auserkorene 2008, Sie erhalten die wenig geschätzte Auszeichnung für die Wiedereinführung der Hubertusmesse im Speyerer Dom anno domini 2013.
Doch eine Laudatio will tiefer begründet sein.
IGNORO 2013 Ihnen ist sicher der Leitartikel des Spiegels (52/2013) „Der Glaube der Ungläubigen“ noch in Erinnerung, indem die Kirche treffend als „Dienstleister für das gehobene Ritual“ charakterisiert wurde. Neben Taufe, Hochzeit und Beerdigung werden nun mal die Kontakte zu den Gläubigen seltener, reißen ab und führen in letzter Konsequenz zu leeren Kirchen. Ursache für diese Schwäche und Distanzierung ist die, so konnte man weiter lesen, Erlebnisarmut der großen autoritären Religionen, denn das Ritual von Predigt, formelhaften Litaneien, kurz die ganze zelebrierte Weihrauchmystik, ist von geringem Erlebniswert. Der internet- und fernsehverwöhnte Konsument, also der Besucher Ihrer Veranstaltungen, sucht Steigerungen, sucht Abwechslung, sucht das große „Tamtam der Sinne“. Was also liegt näher, so dachten Sie sicher im Stillen, den Wunsch des Publikums zu erfüllen und eine Show zu liefern, die auch sporadische Kirchgänger interessiert. Hubertusmesse war das Zauberwort, Blasmusik im Dom, Hörnerklang, Totenschädel eines Hirschen, Uniformen, Musikantenstadel mit klerikaler Ermahnung getreu dem Motto: Lasset die Jägerlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht.
Das Abkommen mit der Jägerschaft war schnell geschlossen, Sie hatten ein dankbares Publikum das leicht, da intellektuell meist grob gestrickt, zu bedienen war. Für Sie als Mann des Geistes ein Heimspiel. Volle Kirche, geringer Anspruch. Aber damit wir uns nicht missverstehen, für den Blick über Kimme und Korn sind meist deutlich weniger Gehirnzellen erforderlich als für die Verinnerlichung philosophischer Moralansprüche. Der Anonymus präzisiert in seinem „Traktat über die drei Betrüger – Traité des trois imposteurs“: „Obwohl die Erkenntnis der Wahrheit wichtig für alle Menschen ist, verfügen nur sehr wenige über diesen Vorzug. Die einen können sie nicht selbständig erforschen, die anderen wollen sich nicht darum bemühen. Kein Wunder also, dass die Welt voll ist von grundlosen und lächerlichen Meinungen, die durch nichts wirksamer gefördert werden, als durch die Unwissenheit. Sie ist die einzige Quelle der falschen Vorstellung von Gott, der Seele, den Geistern und von nahezu allem, was die Religion ausmacht. Die Gewohnheit hat die Oberhand gewonnen, man begnügt sich mit den von Geburt an überkommenden Vorurteilen, und in den wichtigen Angelegenheiten verlässt man sich auf eigennützige Leute, die es sich zum Grundsatz gemacht haben, hartnäckig die hergebrachten Meinungen aufrecht zu erhalten und es nicht wagen, diese zu beseitigen, weil sie fürchten, selbst beseitigt zu werden“.
Es hätte im Dom zur Hubertusmesse so schön, so sinnentleert sein und bleiben können, wenn nicht diese unsäglichen Menschen wären, die sich Tierschützer nennen und dauernd von Ethik und Moral faseln. Gefahr war im Verzuge, das Treffen musste polizeilich geschützt werden, wo doch nur kirchliche und jagende Reaktionäre den Segen des Herrn für millionenfachen Tiermord erbitten wollten. Kurzum, die Party ging trotzdem ungetrübt und ungestört über die Bühne, d. h. über den Altar und weil es so schön war, wird die Blutandacht 2014 wiederholt.
Prof. Mynarek, ein ehemaliger Professorenkollege von Herrn Ratzinger, meinte in anderem Zusammenhang, aber deshalb nicht weniger treffend, „das Ganze zeigt erneut und zum soundsovielten Male, dass Religion, die in den öffentlichen Raum vordringt, in ihm Geltung, Reichtum und Macht beansprucht, degeneriert und sich korrumpiert.“ Etwas unfreundlicher sagt es Friedrich Schiller, wenn er bei derart eklatanten Vergewaltigungen der Wahrheit – wie es hier mit der Hubertuslegende geschah – die Protagonisten als „Affen der Gottheit, als Pharisäer und Falschmünzer der Wahrheit“ bezeichnet.
Sehr geehrter Herr Dr. Kohl, Ihr Kniefall vor der Jagdlobby, Ihre Rechtfertigung und Akzeptanz niederster Tötungsinstinkte, die in dieser Kaste vorherrschen, hat aus dem stolzen Kaiserdom, dem Mariendom, einen Dom des befleckten Verhängnisses gemacht. Was aber das Schlimmste ist und der große Philosoph Günter Anders bringt es auf den Punkt, „das Versagen ihres Gewissens verwenden sie als Beweis für ihre Integrität“. Dieser Satz betrifft Sie und Herrn Wiesemann persönlich.
Natürlich kratzt das alles Sie und Herrn Wiesemann herzlich wenig. Den Fall werden sie beide kopfschüttelnd ad acta gelegt, sitzen Sie doch im sicheren Hafen der Unkündbarkeit und des unmäßigen Reichtums Ihrer Organisation gemäß dem Bibelwort: „Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch“ oder präziser, der deutsche Steuerzahler, denn er zahlt die B7 Besoldungsgruppe (8805,94 Euro brutto) des Bischofs.
Was interessiert da schon der Protest von fast 1600 Bürgern, denen man selbstverständlich keine Antwort gibt, wen juckt das Aufbegehren einiger Menschen gegen heuchelnde Moral und die daraus resultierenden Austrittswellen aus der Catholica. Aber die Zeiten könnten sich ändern.
Ihr neuer Chef, der Jesuit Bergoglio, besser bekannt als Franziskus, ist nun mal ein gewiefter Politiker. Er zieht freundlich lächelnd durch die Lande, gibt den Fernsehkameras das Futter, das die Menschen begeistert und die Kirche nichts kostet. Auch er ein Meister der hohlen Worte und leeren Versprechungen, der mit bunten Farben versucht, dem grauen und altersschwachen Gebäude der Kirche einen modernen Anstrich zu geben, ohne jedoch Grundlegendes zu verändern. So hat er sicher nicht aus Zufall den Namen Franziskus gewählt, auch wenn er die Franziskaner damit ins Mark traf, sondern hat den Namen okkupiert, der als einziger in der Catholica für den Blick über den anthropozentrischen Tellerrand steht. Aber er ist und bleibt Jesuit! „Kein Orden, keine Kongregation hat den Befehl des mittelalterlichen Papstes Innozenz III.: „Jeder Kleriker muss dem Papst gehorchen, selbst wenn er Böses befiehlt; denn niemand kann über den Papst urteilen“ derart in die Tat umgesetzt wie der Jesuitenorden auf Grund seines vierten Gelübdes. Das begann gleich mit dem Ordensgründer Ignatius von Loyola, der nach der Devise lebte und handelte: „Um zu der Wahrheit in allen Dingen zu gelangen, sollten wir immer bereit sein zu glauben, das, was uns weiß scheint, sei schwarz, wenn die hierarchische Kirche es so definiert“ schreibt Prof. Mynarek und weiter „Er wird auch keines der magischen Rituale, Sakramente genannt, aus der kirchenamtlichen, liturgischen Praxis entfernen und er wird bestimmt nicht bei all seiner zur Schau getragenen Demut auf das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes verzichten, geschweige denn auf das des universalen Jurisdiktionsprimats, wodurch die Kollegialität der Bischöfe zu einer Farce wird und sie im Grunde Handlanger und Sklaven des obersten Herrschers in Rom bleiben.“
Warum dieser kurze Exkurs? Wenn auch die alte Ratzinger-Administration verkündete, dass in der katholischen Kirche die Tiere keinen Platz haben, so könnte bei drehendem politischen Wind Herr Bergoglio, zumindest in Nebensätzen, sein Herz aus politischen Gründen, nicht aus Überzeugung, für die geschundene Kreatur entdecken und das wäre der fatale Moment, in dem Sie in Speyer feststellen müssten, aufs falsche Pferd gesetzt und eine wichtige Entwicklung verschlafen zu haben. Dann müssten Sie dem neuen katholischen Zeitgeist hinterher hecheln, denn eins lehrt uns doch die Geschichte: Die Catholica ist immer auf Seiten des politischen Opportunismus.
Sehr geehrter Herr Dr. Kohl, die Verleihung des IGNORO 2013 möge für Sie vielleicht dennoch Ansporn sein, Bemühungen um nachhaltigen Tierschutz nicht nur wegzuschmunzeln, sondern möglicherweise gar zu reflektieren, denn es liegt auch in Ihrer Hand, Leid, Elend, Qual und Pein in der Tierwelt zu verringern.
Lassen Sie uns gewohnheitsgemäß das Schlusswort – diesmal durch ein Philosophengenie - sprechen, heute aus den „epistulae morales“ des Seneca. Es ist wie geschaffen für den unsäglichen Brauch der Hubertusmesse:
„Die Gunst der Menge gewinnt man durch schlechte Praktiken. Man muss sich ihr anpassen: Sie erkennt nur an, worin sie sich wieder erkennt. Dem wahren Sinn entspricht es aber viel mehr, wie man über sich selbst denkt als über andere; die Zuneigung schlechter Menschen kann man nur durch schlechte Mittel gewinnen.“


Landau, den 10. Januar 2014


Laudatio und Urkurde als PDF

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