Maroder Kern im neuen Anstrich |
Wenn an einem Haus der Putz bröckelt und die Bausubstanz marode ist, hilft auch ein neuer Anstrich wenig. Bestenfalls werden die Risse für einen kurzen Moment zugetüncht, doch das Gesamtgebäude bleibt auf seinem Weg des Zerfalls. Anders ist es auch nicht beim „Deutschen Jagdschutzverband“ zu sehen, der sich auf dem Bundesjägertag am 31.05.2013 in Marburg einen neuen Anstrich gegeben hat. Jetzt heißt der Zusammenschluss der Jäger laut Delegiertenbeschluss „Deutscher Jagdverband e.V. – Vereinigung der deutschen Landesjagdverbände für den Schutz von Wild, Jagd und Natur“. Klingt sperrig, täuscht sicher den einen oder anderen, aber letztendlich bleibt wo jetzt „Deutscher Jagdverband e.V. – Vereinigung der deutschen Landesjagdverbände für den Schutz von Wild, Jagd und Natur“ draufsteht „Deutscher Jagdschutzverband“ drin. Aber eines zeigt das Handeln der Landesjagdverbände deutlich: die Akzeptanz in der Bevölkerung sinkt, es besteht Handlungs- und Rechtfertigungsbedarf. Die Beschlüsse des Bundesjägertages können somit als nichts mehr als einen verzweifelten Versuch der Imagepflege gesehen werden „Jagd ist für uns tiefes Erleben der Natur, verantwortungsvolles Handwerk und Beutemachen, aber auch Bereitstellung eines hochwertigen Lebensmittels und finanzielle Wertschöpfung, gerade im ländlichen Raum. Aus der Freude an unserem Tun schöpfen wir die Motivation, uns mit Herz und Verstand für Tiere und deren Lebensräume einzusetzen. Wir säen, pflegen und ernten: Jagd ist gelebte Nachhaltigkeit und ein erfolgreiches Modell für den Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen – heute und in Zukunft.“ So beginnt das vierseitige Papier zu der „Standortbestimmung Jagd“ (http://medienjagd.test.newsroom.de/standortbestimmung_jagd_verabschiedet_mit_nderungen_fv.pdf) in der Präambel, welches auf dem Bundesjägertag verabschiedet wurde. Worte wie Nachhaltigkeit, verantwortungsvoll, Herz und Verstand, etc. werden herangezogen, um ein schönes Bild zu zeichnen, welches der Bevölkerung ein Idyll vorführen soll. Doch sind gerade dies die meist leeren Worthülsen, die einen politisch interessierten Menschen inzwischen zusammenzucken lassen, eben die Worte, welche als Tünche zum Kaschieren einer maroden Struktur bekannt sind. Das einzige Wort, welches in dieser Sammlung noch fehlt, ist das Wort „alternativlos“. Wäre es doch schön gewesen und hätte das Bild abgerundet, irgendwo noch einzubringen, dass Jagd alternativlos sei. Wenn Jäger von Ernte sprechen, meinen sie nichts anderes als das Abschießen von Tieren. Selbst wenn wir den Begriff „Ernte“ in diesem Zusammenhang einfach einmal als despektierliche Jägersprache hinnehmen, wird der Begriff an sich ad absurdum geführt. Spricht ein Bauer von seiner Ernte, meint er damit, dass er das Produkt, welches er aufopferungsvoll herangezogen hat, verwertet. Wenn die Jäger „ernten“ dann wandert ein Großteil der Ernte unverwertet in die Kadavertonne oder verwest irgendwo im Wald. Im weiteren Verlauf des Textes stellen sich dann die Jäger noch als selbstlos und aufopferungsvoll Handelnde dar, die, warum auch immer, als Naturschützer ausgewiesen und anerkannt seien. Eben die Helden, die alles wieder in Ordnung bringen, was der Mensch durch die Kultivierung der Landschaft versaut hat. Zugleich wird auf die alte Tradition der Jagd hingewiesen, das wichtige Kulturgut, welches zu erhalten sei. Interessant sind die weiteren Ausführungen auch dahingehend, dass dargestellt wird, alles bisherige habe sich bewährt, es muss alles so bleiben wie es ist. Bis dahin, dass der Jäger Wildtiere vor wildernden Hauskatzen und -hunde beschützen muss. Sprich: auch der widersinnige und widerlich Haustierabschuss muss erhalten bleiben. Von Erneuerung ist nichts zu erkennen, selbst zwischen den Zeilen nichts zu lesen. Neu ist nur der Name, eben der Anstrich. Was bitte sollte sich auch erneuern? Bis auf wenige Ausnahmen haben die fast 400.000 Jäger in Deutschland, die eben durch diesen Verband vertreten werden, einfach Spaß an der Jagd, Spaß am Schießen, am Umgang mit Waffen und erfreuen sich an ihrem scheinbar allmächtigen Handeln. Würde der Verband – wie jetzt dieser auch immer sich nennt – konsequent die Erkenntnisse einer modernen Wildbiologie zur Grundlage seines Handelns machen, wäre dieser Spaßfaktor weg. Was bliebe dann? Wenig. Es könnten keine so beliebten Treibjagden mit anschließender großer Jagdstrecke stattfinden, denn die Jäger könnten nur noch gemeinsam durch den Wald spazieren, sich an der Fauna erfreuen und beispielsweise Nistkästen bauen. Es gäbe keine Trophäen mehr und keine Bilder, die den Sieg über wilde, gefährliche und bedrohliche Bestien wie z.B. Wildschwein und Fuchs mehr zeigen. Denn nur wenige Jahre nach der bisherigen Form der Jagd würden sich Wildbestände auf ein Normalmaß von selbst regulieren. Die Jäger wären dann wirklich auf Augenhöhe mit Natur-, Tier- und Umweltschützern, runtergekippt von ihrem vermeintlich elitären Podest, zurückgeworfen auf die Ebene derer, auf die sie jetzt verachtungsvoll herabschauen und als ideologisch Verblendete titulieren. Das darf nicht passieren! Also wird weiter geballert, weiter ziehen marodierende Horden von Waidmännern und Waidfrauen durch die Lande und suchen mit Waffengewalt ihre Bestätigung im Rahmen ihres ureigenen intellektuellen Horizontes, getragen und gestützt von einem Dachverband, der ihnen Tierliebe attestiert. „Der Jäger liebt die Natur, wie der Vergewaltiger sein Opfer.“ Sagt Karin Hutter. Würde ein Frauenschutzbund Akzeptanz finden, der von Männern mit einschlägiger Disposition geleitet wird, Anerkennung und Zustimmung ernten? 11.6.2013 Harald Hoos |
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